Aperçu

Update zum FIFA-Fussballvermittlerreglement – Stand der Verfahren

Gargiulo Damiano und Vedovatti Marco, in: bratschiLETTER Sport, Juni 2024

Im bratschiLETTER Sport August 2023 stellten wir das FIFA-Fussballvermittlerreglement 2023 («FFAR») sowie dessen wichtigste Bestimmungen vor.[1] Das FFAR war in der Zwischenzeit Gegenstand mehrerer gerichtlicher Anfechtungen vor verschiedenen Gremien in Europa. Nachfolgend eine kurze Darstellung der letzten Entwicklungen.

Deutschland

 

In einer einstweiligen Verfügung vom 24. Mai 2023 hat das Landgericht Dortmund der Fédération Internationale de Football Association («FIFA») sowie dem Deutschen Fussball-Bund («DFB») vorläufig untersagt, das FFAR durchzusetzen, umzusetzen oder anzuwenden. Das Landgericht Dortmund erwog, dass das FFAR gegen das Kartellverbot in Art. 101 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union («AEUV») verstosse. Das Urteil des Landgerichts Dortmund behandelte die nachfolgenden Bestimmungen des FFAR:

  • Honorarobergrenze (Art. 15 Abs. 1–4); 
  • Bestimmungen zur Zahlung von Honoraren (Art. 14 Abs. 6, 8 und 11); 
  • Kunde-bezahlt-Regelung (Art. 14 Abs. 2 und 10); 
  • Bestimmungen zum Zeitpunkt der Zahlung von Honoraren (Art.14 Abs. 7 und 12); 
  • Verbot von Doppelvertretungen (Art. 12 Abs. 8–10); 
  • Meldepflichten (Art. 16 Abs. 2 lit. h, j und k sowie Abs. 4)
  • Bestimmungen hinsichtlich Offenlegung und Veröffentlichung (Art. 19),
  • Unterwerfungsregelung (Art. 4 Abs. 2, Art. 16 Abs. 2 lit. b, Art. 3 Abs. 2 lit. c und d, Art. 20 und Art. 21); und 
  • die Bestimmung, wonach Zahlungen künftig über die Abrechnungsstelle abzuwickeln sind (Art. 14 Abs. 13).

Die FIFA liess mitteilen, dass das Urteil des Landgerichts Dortmund klarerweise dem Urteil des Court of Arbitration for Sport vom 24. Juli 2023 (CAS 2023/O/9370 «Professional Football Agents Association [PROFAA] v. FIFA») widerspreche, weshalb sie dagegen Rechtsmittel erhoben habe.[2] Gegen die Verfügung des Landgerichts Dortmund erhoben die FIFA sowie der DFB Berufung an das Oberlandesgericht Düsseldorf, welches die Berufungen am 13. März 2024 vollständig zurückwies (Urteil VI U 2/23 (Kart) vom 13. März 2024). Die Verfügung des Landgerichts Dortmund gilt damit bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens. Das Oberlandesgericht Düsseldorf erwog, dass die streitigen FFAR-Bestimmungen kartellrechtswidrig sind, indem diese das künftige Marktverhalten aller im DFB und in der FIFA mittelbar organisierten Fussballspieler und Fussballvereine als Nachfrager von Vermittlungsleistungen an die darin festgelegten Honorarobergrenzen und Vertragsgestaltungen binde. Ausserdem beschränkten die Bestimmungen die wirtschaftliche Handlungsfreiheit der ausserhalb der FIFA sowie des DFB und ihrer Verbandshoheit stehenden Spielervermittler.

Schliesslich wies das Gericht darauf hin, dass die streitgegenständlichen Bestimmungen unverhältnismässig seien. Denn die FFAR berücksichtige keine milderen Mittel zur Zweckerreichung. So sei die Honorarobergrenze nach Ansicht des Gerichts nicht geeignet, um die Transferhäufigkeit zu reduzieren, da nicht die Spielervermittler, sondern die Nachfrage seitens der Vereine und Spieler für die Anzahl von Transfers massgeblich sei. Eine Deckelung der Vergütungen der Vermittler führe nicht zu weniger Transfers, sondern schaffe vielmehr einen Anreiz zu mehr Vermittlungen.

Im Übrigen setzte das Landgericht Mainz ein weiteres kartellrechtliches Verfahren gegen die FIFA zum umstrittenen Reglement aus und reichte im März 2023 ein Vorabentscheidungsersuchen beim Europäischen Gerichtshof («EuGH») ein, womit die Zulässigkeit des FFAR vom EuGH beurteilt werden wird.

 

Spanien

 

Am 2. November 2023 erliess der dritte Handelsgerichtshof von Madrid (Juzgado de lo Mercantil No. 03 de Madrid) in einem vom spanischen Verband der Fussballvermittler (Asociación Española de Agentes de Futbolistas) gegen den spanischen Fussballverband (Federación Española de Fútbol) sowie die FIFA angehobenen Verfahren einen einstweiligen Entscheid (Auto Número 344/2023) und erwog, dass die Bestimmungen des FFAR zur Honorarobergrenze mit dem spanischen Recht sowie dem AEUV unvereinbar seien.

Das Landgericht Madrid (Audiencia Provincial de Madrid) hat sodann am 14. Mai 2024 ein gegen den Entscheid vom 2. November 2023 erhobenes Rechtsmittel vollständig abgewiesen und zugunsten des spanischen Verbands der Fussballvermittler entschieden. Auch das zweitinstanzliche Gericht in Madrid ist der Ansicht, dass die Honorarobergrenzen wettbewerbswidrig sind.

 

England

 

Am 30. November 2023 erliess ein Schiedsgericht des Englisches Fussballverbands (The Football Association Limited; «FA») einen Entscheid in einem Verfahren mehrerer englischer Spielervermittleragenturen gegen die FA, in welchem es um die Vereinbarkeit des FFAR mit dem englischen Kartell- und Wettbewerbsrecht ging. Das Schiedsgericht hiess die klägerischen Begehren teilweise gut und verweigerte dem FFAR die Anwendung. Das Schiedsurteil ist nach englischem Recht endgültig und rechtskräftig.

 

Frankreich

 

In Frankreich gab es zwar keine Rechtsstreitigkeiten, jedoch sieht das französische Sportgesetzbuch (Code du Sport) bereits eine Honorarobergrenze für die Vergütung von Spielervermittlern vor. Die französische Kommission der Spielervermittler (Commission Fédérale des Agents Sportifs) als Exekutivkomitee des französischen Fussballverbands (Fédération Française de Football) war daher der Ansicht, dass die Obergrenze des französischen Rechts Vorrang habe und versagte entsprechend dem FFAR in Frankreich die Anwendung. Dies geschah kurz vor der Mitteilung des FIFA-Zirkulars Nr. 1873 (siehe sogleich nachstehend).

 

Folgeentscheid der FIFA

 

Am 30. Dezember 2023 publizierte die FIFA das Zirkular Nr. 1873, in welchem es seine Mitgliedsverbände darüber informierte, dass seit dem Inkrafttreten des FFAR in verschiedenen europäischen Ländern von Spielervermittlern sowie Spielervermittlerverbänden Klagen gegen die FIFA erhoben worden seien. In Zusammenhang mit den verschiedenen Gerichtsverfahren und insbesondere aufgrund der deutschen Gerichtsurteile habe der FIFA-Rat weltweit die vorübergehende Aufhebung des FFAR beschlossen, bis der EuGH eine endgültige Entscheidung betreffend die Zulässigkeit des FFAR getroffen habe.[3]

 

Fazit

 

Dem FFAR wurde in den Jurisdiktionen von vier der fünf weltweit grössten Fussballligen (England, Spanien, Deutschland, Frankreich) gerichtlich die Anwendung versagt, was die FIFA zur vorübergehenden Aussetzung des FFAR bewegte. Die Frage der Zulässigkeit des FFAR nach dem europäischen Recht ist allerdings immer noch offen und wird voraussichtlich frühestens Ende dieses Jahres durch den EuGH entschieden. Der Entscheid des EuGH wird entsprechend von allen Seiten mit Hochspannung erwartet.

 

[1]     Siehe den Beitrag von Vedovatti Marco Sport-Newsletter August 2023 Das FIFA-Fussballvermittlerreglement 2023 in Kürze

[2]      Stellungnahme der FIFA zur einstweiligen Verfügung des Landgerichts Dortmund  https://inside.fifa.com/de/legal/football-regulatory/agents/media-releases/fifa-stellungnahme-zur-einstweiligen-verfuegung-des-landgerichts-dortmund

[3]       Zirkular Nr. 1873 der FIFA https://digitalhub.fifa.com/m/76b4cdc63e42e03f/original/1873_FIFA-Football-Agent-Regulations-update-on-implementation.pdf

Auteurs

Gargiulo Damiano
Damiano Gargiulo
Avocat stagiaire
Zurich
Au profil
Vedovatti Marco
Marco Vedovatti
Avocat, Associé
Co-Head Arbitrage
Zurich, Genève
Au profil

En savoir plus sur ce sujet

bratschiLETTER

Kollektivstrafe oder Gewaltprävention? Sektorenschliessungen in Fussballstadien gehen in die Verlängerung

In der vergangenen Saison 2023 / 2024 der Swiss Super League ordneten die Behörden als Reaktion auf Gewalttaten inner- und ausserhalb der...
bratschiLETTER

Ausländische Investitionen im Fussball

«Foreign Direct Investments», besonders solche von staatsnahen Akteuren, haben in den letzten Jahren im internationalen Fussball stark zugenommen. Wie gehen...
Publication

Fachhandbuch Wettbewerbsrecht - Expertenwissen für die Praxis

Nos sites

Formulaire de contact